Seit Wochen ärgert und hier der Hochnebel und wenn es mal klar ist, dann unter der Woche, wenn ich partout nicht nachts nach draußen kann :-(. Endlich an diesem Samstag sollte es anders sein: Klarer Himmel, Mond und Venus schön in der Dämmerung – da konnte es also los gehen! Das Auto war gerade gepackt, da zog er auf, der böse Nebel. Also Webcams gecheckt: geht der Hohenpeißenberg? Ja noch ist der Himmel frei! Doch schon auf dem Weg dorthin kamen mir Zweifel und die nächste Kontrolle in Höhe Dornstetten dann die Ernüchterung: Auch Bayerns Rigi ist dicht. Was tun? Heimfahren, aufgeben, nicht doch, der Astro-Entzug dauert jetzt schon viel zu lange. Also Handy her und weitere Orte abgeklappert: Kreuzleshöhe am Adelegg? Nebel, nichts als Nebel – Furkajoch: Ja da ist es klar. Aber ist da nicht schon Wintersperre? Laut Internet nicht – also 2 Stunden Anfahrt, es ist ja erst halb acht, das sollte doch gehen?! Also schnell noch den Tank gefüllt, Pickerl an der Raststätte mitgenommen und auf nach Österreich zum Furkajoch!
Nach 1 3/4 Stunden Fahrt unter dichtem Nebel zeigten sich dann oberhalb von Dornbirn die ersten Sterne! Ein gutes Zeichen :-). Dann in Damüls plötzlich ein rotes Schildchen: Furkajoch: geschlossen. Wie bitte? Im Internet stand doch noch offen? Na egal, erst mal weiter. Kurz hinter Damüls stand ich dann tatsächlich vor dem geschlossenen Schlagbaum. Also ein Stück zurück, dort war eine schöne Terrasse über dem Tal, da sollte es auch gehen und es ist ja nur knapp 100 Meter unter der Passhöhe!
Die Inversionswetterlage machte sich deutlich bemerkbar: hatte es unter der Nebelsuppe unten in Dornbirn noch -7° C war es hier oben nur um die 0°C kalt. Das SQL-M zeigte 21,4 mag an, das ist praktisch so wie im Sommer auf der Edelweißspitze, nur das Seeing war in der hohen Tauern besser. Nach dem Aufbau kam diesmal auch der neue Planam Gefrierhaus-Overall zum Einsatz. Um die 0° machte er seine Sache super, bei noch tieferen Temperaturen muss er sich aber noch beweisen! Aber jetzt auf zur Beobachtung!
Über dem Glatthorn ging gerade Sirius auf, der hellste Stern am Himmel und Orion thronte majestätisch über dem Glatthorn, das musste natürlich festgehalten werden 🙂
M42 / M43 der große Orionnebel (EN-RN / Ori / 4,0 mag / 85′ x 60′) und der Running Man (NGC 1973/1975/1977)
Zu M42 braucht man wohl nicht viel zu erklären, oder? Unter Hochgebirgsbedingungen ist dieser Nebel nochmal beeindruckender. So viele Details konnte ich bisher noch nie visuell beobachten, das hatte schon fast Fotoqualität. Auch die Komponente E von Theta Orionis 1 war trotz der schlechten Seeingbedingungen sichtbar, F dann aber nicht mehr. Die feinen Strukturen wurden unter OIII noch etwas besser. Es lohnt sich immer wieder mal den Standardobjekten einen Besuch abzustatten!
NGC2024 Flammennebel (EN / ORI / 7,5 mag / 30′ x 30′)
Der leichtere Teil des Nebelkomplexes rund um Alnitak,schon unter bescheidenem Landhimmel ist er leicht zu entdecken, hier im Hochgebirge kommen die Strukturen der vorgelagerten Dunkelwolken fast so deutlich hervor wie auf eine Fotografie. OIII kann dabei durchaus hilfreich sein. Der Flammennebel ist eine klassische Sternenstehungsregion und gehört mit IC434 zu dem riesigen Sternentstehungsgebiet des Orion-Komplexes, in dessen Mitte der große Orion-Nebel liegt. Sein Durchmesser beträgt rund 6,5 Lichtjahre und wie der ganze Orionkomplex ist er ungefähr 1500 Lichtjahre von uns entfernt. Infrarot-Aufnahmen zeigen, dass sich hinter der Dunkelwolke ein nur knapp eine Million Jahre alter Sternhaufen versteckt, der sozusagen gerade das Licht der Welt erblickt hat. Entdeckt wurde der Nebel von Friedrich Wilhelm Herschel 1786.
IC434 und Barnard 33 Pferdekopfnebel (EN – DN /)
Es ist eines der bekanntesten Objekte und nicht wirklich leicht zu beobachten, so war es diesmal eine Premiere für mich, das Pferdchen endlich einmal selbst zu beobachten. Der Hintergrundnebel IC 434 zeigt sich schon unter OIII recht deutlich, das Pferdchen versteckt sich aber selbst unter h-beta erstmal hartnäckig. Erst die Vorschau vom Einstellungsfoto für nachstehende Aufnahme auf dem Tablet brachte dann die Lösung, ich suche an der falschen Stelle! Also noch mal ran ans Okular und siehe da, da ist er, schon in direkter Sicht zeichnet sich ein dunkler Schatten vor dem sanft glimmenden Nebelband ab, indirekt wird nach einiger Zeit auch die Kopfrundung und der Ohransatz sichtbar, die Schnauze aber bleibt nur erahnbar.
IC 434 ist ein Emissionsnebel und gehört wie auch der Flammennebel zum Orionkomplex. Im Prinzip ist er die Kante der Dunkelwolke, die auch den Pferdekopfnebel Barnard 33 bildet, allerdings ist hier das Gas durch die Strahlung des Sterns Sigma Orionis ionisiert und leuchtet daher als Emissionsnebel. Der Pferdekopfnebel selbst ist eine Dichte Wolke aus Staub und Gas, die langsam kollabiert und so anfängt, neue Sterne zu gebären. Entdeckt wurde das Pferdchen und sein Hintergrundnebel von Pickerings Assistentin Williamina Flemming 1888-1890 und ist so eine der ersten fotografischen Entdeckungen der Astronomie.
Diese Nebel waren dann auch das heutige Ziel für das Fotosetup. (Die Vorschaubilder haben mir auch sehr geholfen, das Pferdchen visuell zu entdecken :-), ein fotografischer Sucher sozusagen).
Die Aufnahme ist das erste DeepSky-Bild mit dem neuen 102/714 Apo von Omegon und dem neuen Flattener von ES. 11 Aufnahmen a 6 Minuten mit der Canon Eos 60da + Darks + Flats ergeben dieses Bild – endlich keine blauen Höfe mehr um die Sterne!
Weiter ging es mit einer von mir bisher irgendwie vergessenen Region am Himmel, dem Großen Hund (Canis Major).
M41 / NGC 2287 (OC / CMa / 4,5 mag / 38′ )
Ein schöner heller Haufen, wirkt am besten bei 50x Vergrößerung.
Die Erstentdeckung dieses offenen Haufens wurde schon Aristoteles zu geschrieben, die erste gesicherte Beobachtung wurde aber von Giovanni Battista Hodierna 1654 mit seinem 20x Refraktor festgehalten. Der mittel alte Sternhaufen (ca. 280 Millionen Jahre) liegt in 2300 Lichtjahren Entfernung und misst etwa 20 Lichtjahre im Durchmesser. Auffällig ist seine extrem hohe Anzahl an Doppelsternen, die zwei – dreifach über dem anderer Sternhaufen liegt. (Kanipe, Webb: Annals of the Deep Sky 3, Richmond 2016)
NGC 2204 (OC / CMa / 8,6 mag / 13′ )
Neben 2 hellen Sternen findet sich dieser kleine Haufen. Bei 90x zeigt er sich fast aufgelöst, schwach, die Sterne im Zentrum scheinen eine X-Form zu bilden.
Entdeckt wurde der kleine Sternhaufen am 6. Februar 1785 von Friedrich Wilhelm Herschel. Von der Erde ist er ca. 8500 Lichtjahre entfernt.
M47 / NGC 2422 (OC / Pup / 4,4 mag / 30′)
Der Sternhaufen zeigt sich im Okular einfach zu finden und als leicht rechteckiger Haufen. Entdeckt wurde dieser in 1600 Lichtjahren entfernt liegende Sternhaufen von Giovanni Battista Hodierna. Sein Durchmesser beträt 12 Lichtjahre und er wird auf ein Alter von 78 Millionen Lichtjahren geschätzt.
NGC 2356 / SH 298 Thors Helm (WR / CMa / 11,49 mag / 10′ x 5′)
Bei 90x mit OIII-Filter springt er einen direkt an, ein sehr interessantes, sehenswertes Objekt! Zuerst erkennt man eine zentrale, fast runde Blase, bei längerer Betrachtung werden Ausläufer sichtbar, die sich mit indirekter Sicht gut verfolgen lassen. Diese Ausläufer geben dem Nebel auch seinen Namen.
Schon 1785 entdeckte Herschel dieses interessanten Nebel: Der ehemalige Hauptreihenstern HD 56925 (O-Stern) steht am Ende seiner Lebenszeit. Während seiner kurzen Spanne als roter Riese wurden große Mengen Gas langsam von der Oberfläche des Stern weggetrieben. Am Ende der Rote-Riesenphase wird der Stern zu einem Wolf-Rayet-Stern und stößt mit Überschallgeschwindigkeit heißes Gas und Staub ab. Wo diese Schockwellen auf die Gashülle der Rote Riesen-Phase trifft entstehen die leuchtenden Strukturen – eine Wolf-Rayet-Blase wie auch der Crescent-Nebel. Die Blase dehnt sich dabei mit einer Geschwindigkeit von 12 km/Sekunde aus und hat einen Durchmesser von 120 x 228 Lichtjahre angenommen, sofern die Entfernung von 15.000 Lichtjahren richtig ist.
NGC 2362 Tau Canis majoris-Cluster ( OC / Cma / 4,1 mag / 8′ )
Mit 90x ein tolles Objekt, der helle Stern Tau OMa um rundet von kleinen, schimmernden Diamanten. Wirklich sehenswert und ein Haufen zum genießen!
Hodierna entdeckte diesen schönen offenen Sternhaufen rund um den O9 Superriesen Tau Cma bereits 1654. Der Haufen ist 4900 Lichtjahre von uns entfernt und wird von dem Superriesen in seinem Zentrum dominiert. Tau ist ein Mehrfachsystem mit 5 Komponenten, sein Hauptstern hat eine absolute Helligkeit von -5.6 strahlt also 28.000 mal so hell wie unsere Sonne. Der Sternhaufen selbst ist noch sehr jung – sonst wären die vielen Superriesen schon längst nicht mehr vorhanden mit ihrer kurzen Lebenserwartung. Die Schätzung reicht dabei von 1,8 bis 4 Millionen Jahre.
Zum Abschluss habe ich noch schnell ein paar bekannte aufgesucht:
NGC 2264 Weihnachtsbaumhaufen (OC-EN-DN / Mon / 4,1 mag / 20×20′)
Ich hab heute nur noch einen schnellen Blick auf den Christbaum geworfen – gehört sich halt so in dieser Jahreszeit. Für die Nebel waren meine Augen aber schon zu müde, die kommen ein anderes Mal wieder dran.
NGC 2261 Hubbles veränderlicher Nebel (RN / Mon / 9 mag / 2′ )
bei 128x leuchtet er wie ein kleiner, weißer Komet im Okular, bei 200x sind leichte Strukturen im Schweif erkennbar.
Der kleine Reflextionsnebel reflektiert das Licht des Sterns R Mon. Dunkelwolken in der Umgebung des Sterns sollen dabei für die Veränderung verantwortlich machen, die der Schweif in den Jahren zeigt und die dem Nebel seinen Namen gegeben haben. Der Stern selbst liegt in einer Entfernung von 2500 Lichtjahren und kann nicht direkt beobachtet werden. Er ist noch recht jung, sein Alter wird auf 300.000 Lichtjahre geschätzt (daher auch der viele Staub in seiner Umgebung), seine Masse auf ca. 10 Sonnenmassen.
NGC 2237 / 2244 Rosettennebel (OC – EN / Mon / OC 4,5 mag , RN 6 mag / 24′ bzw. 60′ x 80 ‚)
Trotz müder Augen ist dieser Nebel mit seinem Sternhaufen ein wunderschöner Anblick und immer einen Besuch wert!
John Flamsteed beobachtete den offenen Sternhaufen NGC 2244 erstmals am 17. Februar 1690. Beim Nebel müssen sich John Herschel, Albert Marth und Lewis A. Swift teilen. 40 junge Sterne sind im dunklen Teil des Nebels sichtbar, ihr Licht regt den umliegenden Nebel zum Leuchten an. Im Röntgenlicht werden über 400 weitere sichtbar. Wir sehen also einen Sternhaufen, der gerade so seine Kinderstube hinter sich lässt. Der Nebel dehnt sich mit 50-100km/Sekunde weiter aus, der Sternhaufen wird also noch weiteren Zuwachs bekommen.
Mit den klassischen Startrails während des Abbaus ging eine tolle Nacht zu Ende. Nach 2 Stunden Heimfahrt landete ich genau 12 Stunden nach dem Aufbruch wieder in den heimischen Gefilden. EIne Spontan-Tour, die ich sicher wiederholen werde, und das Furka-Joch als Spechtelziel wird sicher noch das eine oder andere Mal von mir heimgesucht werden! Doch jetzt wartete erstmal ein warmes kuschliges Bett! 🙂