Im August war es wieder soweit: Eine Nacht zum Spechteln in die Alpen stand an. Ziel diesmal: Die Edelweißspitze an der Großglockner Hochalpenstraße. Eigentlich hatte ich ja geplant, unter der Woche zu fahren, aber der Wetterbericht und die Prognose ergaben: Nur das Wochenende vom 27. auf den 28. August kam wettertechnisch in Frage. Dummerweise war das eines der wichtigsten Reise-Wochenenden und die Inntalautobahn damit absolut tabu. Es ging also schon gegen 14:00 Uhr los, absolut staufrei vorbei am Starnberger See über Bad Tölz zum Sylvensteinspeicher…
… vorbei am Achensee…
und dem hohen Kaiser…
Dann der erste Blick auf die Hohe Tauern…
und endlich dann hinter Fusch der Beginn der Großglockner-Hochalpenstraße…
Steil ging es hinauf und hinauf, so steil, das selbst der SWGB (=Sternwartengeraffelbeweger) ins Schwitzen kam und wegen Überhitzung eine Pause einlegen musste – das Ziel war schon zum Greifen nahe! Nach einiger Zeit Rast und mit mulmigen Gefühl ging es weiter und endlich stand ich am höchsten Punkt: der Aussichtspflattform auf der Edelweißspitze, …
was natürlich als aller erstes mit einem kühlem Blonden begossen werden musste….
Nach der deftigen Stärkung mit Tiroler Speckknödeln und Kaiserschmarrn setzte auch schon die Dämmerung ein, Zeit zum Aufbauen für die Nacht…
Auf der Plattform hatte sich auch schon ein Kollege aus Rosenheim eingefunden, der mit seinem 27″ Ultraleicht-Carbon-Dobson schon bereit stand und den Einbruch der Nacht erwartete. Also hab auch ich schnell aufgebaut und kaum war das Teleskop einsatzbereit, gesellten sich auch schon einige Gäste der Edelweißhütte samt Wirt dazu, um auch einen Blick in den Himmel zu riskieren. Erstes Objekt war Messier 8, der Lagunennebel im Sternbild Schütze, es folgten M13, der Kugelsternhaufen im Herkules, und die Andromeda-Galaxy M33. Nebenher klackerte wie immer schon der Staradventurer und hielt die prächtige Milchstraße auf dem Chip fest:
Nachdem Kälte und Müdigkeit die Mitspechtler in ihre Betten getrieben hatte, ging es ans „ernste“ Beobachten. Es waren aber auch perfekte Bedingungen in dieser Nacht: moderate Temperaturen, kein Wind, klasse Seeing, hohe Transparenz und dunkler Himmel (SQM-L 21,5). Was braucht man mehr? Natürlich meinen treuen Palantir (406/1800mm)!
Erstes Ziel der Nacht war
NGC 6751 The Glowing Eye (PN / Aql / 11,9 mag / 0,43′)
Bei 90x und mit dem UHC-Filter war er leicht zu finden, ein kleiner verwaschener Fleck. bei 180x zeigt sich eine deutlich runde Scheibe, im Kern leicht abgedunkelt.
Der planetare Nebel im Sternbild Adler ist 6500 Lichtjahre von uns entfernt und misst im Durchmesser ca. 0,8 Lichtjahre (das entspricht 600x dem Durchmesser unseres Sonnensystems). Sein zentraler Stern ist mit 140.000°C ein außergewöhnlich heißes Exemplar.
NGC 6755 (OC / Aql / 7,5mag / 15′ )
Bei 50x erkennt man ein nebliges Objekt, schon bei 90x ist der Sternhaufen aufgelöst. Die Sterne bilden scheinbar ein Rechteck, wobei man auch einen Pfeil erkennen kann, wenn man will.
Die Entfernung zu NGC 6755 beträgt ca. 4.900 Lichtjahre.
NGC 6772 (PN / Aql / 12,4 mag / 1,4′)
1784 stolperte Herschel über den kleinen planetaren Nebel, der sich mit dem UHC Filter gut finden lies. Im Okular zeigte sich ein diffuses Wölkchen, leicht oval.
Während der Beobachtung hatte meine Kamera das erste Bild fertig, de Nebelgebiete rund um Sadr:
Beobachtungstechnisch ging es weiter mit den kleinen feinen Fuzzies:
NGC 6781 Snowglobe (PN / Aql / 11,4 mag / 1,75′)
Leicht auffindbar ist dieser Vertreter der Planetaries, er zeigt sich kreisförmig, wie eine kleine Seifenblase im All. Bei 360x zeigen sich leichte Strukturen, der Ring ist zu einer Seite dünner, bei der hohen Vergrößerung wirkt er wie ein C. Er ist 1200-3000 Lichtjahre entfernt (genauer geht es leider nicht 🙂 )
Nach diesem letzten kleinen Nebel hab ich mich ganz den bekannten Standardobjekten gewidmet, die unter diesen hochalpinen Bedingungen natürlich auch besonders ästhetisch und mit mehr Details als im Flachland zum Beobachten einladen:
Los ging es mit dem Cirrus-Nebel bzw seinen beiden prominenten Nebelstrukturen: der Knochenhand und dem Sturmvogel. Diese feinen Gespinst-artigen Nebelwolken sind immer wieder einen Besuch wert, speziell bei so einem tollen Himmel wie auf der Edelweißspitze. Das Foto Zeigt seine Lage, nicht aber wirklich seine Pracht:
NGC 6888 Crescent-Nebel ( WR / Cyg / 10 mag /18′ x 13′ )
Auch zu diesem Standard-Objekt will ich nicht zu viel schreiben. Er ist immer wieder ein schöner Anblick im Okular.
Entdeckt wurde der durch einen Wolf-Rayet-Stern beleuchtete Emissionsnebel am 15. Dezember 1792 von Wilhelm Herschel. Er misst ca. 25 Lichtjahre im Durchmesser und ist 4500 Lichtjahre von uns entfernt.
Nebenher durfte auch die Kamera wieder arbeiten und die Region um den Herznebel, den Embryo-Nebel und Rho & Chi Persei einfangen:
Kurz vor Mondaufgang durfte ich dann noch einen Blick durch den 27″ auf
M57 Ring-Nebel (PN / Lyr /8,8 / 1,4′ x 1′)
werfen. Über M51 muss man ja nicht mehr viel schreiben, er ist hinlänglich bekannt. Im Okular des 27″ kommen aber Details ans Licht, die man sonst nicht sieht, inklusive dem schwach leuchtenden Zentralstern, aus dessen Hülle der Ring einst entstand. Ein toller und unvergesslicher Anblick…
Inzwischen ging im Osten der Mond über den Bergen auf und mein Kollege machte sich auf den Heimweg. Ich blieb noch ein wenig allein auf der Edelweißspitze und lichete nochmal die Milchstraße ab: Wer genau hinsieht, kann hinter dem pyramidenförmigen Gipfel rechts den Großglockner hervorspitzen sehen:
Langsam begann es zu dämmern und während all das Zubehör wieder im SWGB verschwand entstand noch dieses Bild vom Hiummelspol über der Edelweißhütte:
Dann wurde es Zeit sich noch ein wenig im Schlafsack nebel dem Auto aufs Ohr zu legen – nur um pünktlich kurz vor Sonnenaufgang von einer ganzen Horde Motorradfahrer geweckt zu werden.
Nach einem Frühstück und einem ordentlichen Schluck Kaffee hieß dann auch Abschied nehmen von der Edelweißspitze…Ein letzter Blick zurück auf den Paranal der Alpen (wieso steht hier eigentlich keine Sternwarte?)
dann ging es durch den Hochtortunnel auf die andere Seite…
und hinauf in Richtung Franz-Josefshöhe und zur Pasterze:
Es war ein toller Ausflug, die Großglockner-Hochalpenstraße ist einen Besuch wert und der Sternenhimmel über der Edelweißspitze ist wohl mit einer der schönsten in Europa und der schönste den ich bisher erleben durfte!
Bei jedem Objekt finden sich Angaben zu Typ, Sternbild, scheinbarer Helligkeit und Durchmesser in Bogenminuten bzw. -sekunden. Hier die Erklärung zu den Abkürzungen:
Objekte:
GAL Galaxie
PN Planetarer Nebel
OC Offener Sternhaufen
GC Kugelsternhaufen
RN Reflektionsnebel
EN Emissionsnebel
DN Dunkelnebel
SR Supernova-Überrest
WR Wolf-Rayet-Stern/NebelSternbilder:
Aql Adler / Aquila
Cyg Schwan / Cygnus
Lyr Leier / Lyra
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