Weihnachtliches Sternegucken mit Hindernissen

Und es begab sich, dass am 23. Dezember nach Wochen Nebel, Regen und anderen meteorologischen Ungereimtheiten der schon verloren geglaubte Sternenhimmel sich zeigte. Da kann einen nicht mehr halten, da muss man raus, komme was da wolle. Also hieß es um 22:30 Uhr Teleskop aus dem Schuppen zotteln, Koffer ins Auto, warme Stiefel an die Füße, Tee kochen und dann nichts wie ab zum Aussenspechtelplatz nahe Aufkirch.

Angekommen wurde erst einmal aufgebaut unter einem perfekten dunklen Himmel (zumindest für unsere Verhältnisse). Die Bedingungen waren für Dezember überraschend: 7°C bei leicht böigem Wind – eher wie eine Septembernacht – und ganz sicher nicht wie der Vorabend vor Weihnachten!

Die Kamera klickte schon leise vor sich hin auf dem kleinen Star Adventurer, da tauchte plötzlich am Rande meiner einsamen Lichtung ein Auto auf und tauchte meinen Beobachtungsplatz mit seinen Scheinwerfern in Tag helles Licht. Sämtliche Versuche, mit Taschenlampe und Rufen wurden ignoriert, der Scheinwerfer erlosch einfach nicht. Erst nach einer gefühlten Ewigkeit verschwand der Störenfried endlich – so dachte ich.

Keine 15 Minuten später tauchte schon wieder Licht auf, diesmal auf dem Waldweg, der direkt zu meinem Beobachtungsplatz führt. Zwei Autos schlichen hier durch den Wald – zwei Geländewagen, der vordere sogar mit einem Zusatzscheinwerfer ausgestattet. Er stellte sich schnell als Streifenwagen der Polizei heraus, dem zwei junge Beamten entstiegen und sehr freundlich fragten, was ich hier so treibe. Nach kurzer Erklärung gab sich der junge Beamte auch zufrieden. Der Jäger hatte die Polizei gerufen, weil ich angeblich seine Jagd gestört hätte. Der Jäger saß dann auch sehr aufgebracht im 2. Geländewagen, und hätte am liebsten die Polizei gezwungen, mir hier einen Platzverweis zu erteilen. Er wollte mich anzeigen wegen Störung der Jagd – hier griff die Polizistin ein und versuchte dem netten Herrn Jäger klar zu machen, dass es einen solchen Tatbestand nicht gibt, dass der Feldweg nicht gesperrt ist und sich damit in Bayern jeder frei auf Wald un Feld bewegen und die Natur genießen kann. Der Jäger blieb uneinsichtig kam aber gegen die beiden Streifenbeamten nicht an, schließlich musste er nachgeben und zog mit seinem jungen Adlatus und einer sehr schlechten Laune von dannen und ich durfte sozusagen mit polizeilicher Genehmigung bleiben und endlich Sternegucken! 🙂

So jetzt aber zur eigentlichen Beobachtung:

Sternbild Orion 24.12.2014

Erstes Ziel war, wie kann es zu der Jahreszeit anders sein, das Sternbild Orion. Mit dem 16-Zöller (Palantír) hatte ich ihn bis jetzt noch nicht beobachtet.
1) M42/M43 der Orionnebel – dazu braucht man ja nicht mehr viel schreiben – aber im 20mm TSXWA Okular einfach nur ein Genuß – mehr sog i net 🙂

2) M78 Ist der hellste Reflexionsnebel am Himmel. Hell leuchten 2 Sterne (und ein schwacher dritter) in dieser Nebelinsel. Höhere Vergrößerungen machen allerdinsg windbedingt keinen Sinn.
Der Reflexionsnebel wurde 1780 von Pierre Méchain entdeckt und liegt wie auch NGC 2071 und 2067 in ca 1600 Lichtjahren Entfernung. Sie alle gehören zu einer großen Dunkelwolke, die eben hier und da von einigen Sternen zu strahlen angeregt wird.

3) Im gleichen Gesichtsfeld zeigen sich NGC 2071 & NGC 2067 als kleine neblige Fleckchen.

4) NGC 2024 – Flammennebel – das Nebelgebiet zeigt sich, wenn man Alnitak aus dem Gesichtsfeld nimmt, deutlich treten im 11mm Nagler die dunklen Nebelanteile hervor, die den hellen Teil durchtrennen. Der Flammennebel ist 1500 Lichtjahre entfernt und hat einen Durchmesser von 6,5 Lj. Entdeckt wurde er von Herschel im Jahr 1776.

Weiter ging es im Sternbild Monoceros, dem Einhorn:

5) NGC 2237, NGC 2238, NGC 2239 und NGC 2246 der Rosettennebel mit seinem ihn erhellenden Sternhaufen NGC 2244. Irgendwie ist mir dieser Nebel bisher entgangen, ein wirklicher Fehler! Der Emssionsnebel zeigte sich sehr deutlich im Okular, trotz des doch aufgehellten Himmelshintergrundes. Der OIII-Filter erhöhte den Kontrast aber deutlich. Ein wirklich lohnendes Objekt in ca. 5000 Lj. Entfernung. Der Sternhaufen im Kern bringt das umliegende Gas zum Leuchten, so wird der Nebel sichtbar. Aber nicht nur das, in den Außenbereichen am Rande des „Loches“ entstehen durch das Zusammendrücken des Gases (verursacht durch die Sternenwinde des zentralen Haufens) neue junge Sterne!

6) NGC 2264 Weihnachtsbaum-Haufen: Passend zum Beobachtungsabend – es war ja inzwischen längst der 24. – durfte der Weihnachtsbaum bei der Beobachtung nicht fehlen. Von den Nebelstrukturen waren höchstens andeutungsweise etwas zu sehen, der Konusnebel zeigte sich erwartungsgemäß gar nicht. Aber schon der Sternhaufen ist immer wieder schön anzusehen.
NGC 2264 ist eine große Nebelregion (H-II) vor der eine Dunkelwolke liegt – der Konus-Nebel. Entdeckt wurde der Nebelkomplex 1785 von Herschel himself.

7) NGC 2261 – Hubble’s veränderlicher Nebel: Wie ein kleiner Komet springt einem dieser Reflexionsnebel ins Auge, er kann hohe Vergrößerungen vertragen, im 6mm wurden trotz Wind erste Strukturen sichtbar. Der Stern R Monocerotis gibt dem Nebel das Licht zum Leuchten, bleibt dabei selber aber versteckt. R Monocerotis ist ein veränderlicher Stern, der je nach Bedeckung durch dunkle Gaswolken mal mehr mal weniger Anteile des Nebels beleuchtet, wodurch sich dieser in wenigen Tagen bis Monaten scheinbar verändert. Die Entfernung beträgt ca. 2500 Lichtjahre.

 

Inzwischen hat sich der Löwe weit genug im Osten emporgearbeitet, sodass hier die nächsten Objekte gesucht werden konnten:

8) Das klassische Triplett: M65, M66 und NGC 3628: Gerade so passen alle 3 Galaxien in das 20mm TS XWA. Alle 3 Galaxien sind ca. 30 Mio. Lichtjahre entfernt. NGC 3628 wurde von Herschel 1784 entdeckt und ist eine Edge-On-Spiralgalaxie, M65 und M66 wurde bereits 4 Jahre früher von Pierre Méchain entdeckt uns sind ebenfalls Spiralgalaxien.

9) Das kleine Leo-Triplett (das ist jetzt meine perönliche Bezeichnung: Die Galaxien M105, NGC 3384 und NGC 3389 bilden eine kleine Version des Tripletts, die finde ich, im 16 Zöller bei 20mm fast schöner ist als das klassische Triplett. Chaos gibt es hier bei den Bezeichnungen, so zeigt der Stropek NGC 3389 als 3373 an, Stellarium gibt korrekterweise 3384 an, gibt man aber in der Suche 3373 ein, spukt er 3384 aus. Vielleicht kann mich ja jemand aufklären, was hier los ist? Eine Doppelbenennung im NGC?
M105 und NGC 3384 gehören zur M96/M95-Gruppe und sind ca. 35-36 Mio Lichtjahre entfernt, NGC 3384 ist fast doppelt soweit entfernt und gehört so nicht mehr zur Gruppe.

10) Galaxien M96 und M95: Die beiden schönen Spiralgalaxien liegen 33-35 Lichtjahre entfernt und wurden beide 1781 von Pierre Méchain entdeckt. Lohnende Objekte!

11) NGC 3412 und 3377: meine Abschlussgalaxien für diese Nacht!

Gegen 4:15 an diesem 24. Dezember habe ich dann die Beobachtungen beendet und mich bei immer noch 5°C auf den Heimweg gemacht. Es war eine Ereignisreiche und tolle Nacht – ein echtes Weihnachtsgeschenk des Himmels für einen Sterngucker wie mich!

Übrigens um 8:00 Uhr in der früh waren beim Gassigang mit den Wuffzis alles Pfützen gefroren, es wurde also gegen Morgen noch deutlich kälter als in der Nacht!

 

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