22. Juli 2015: Hitze bedingtes Spontanspechteln :-)

Was macht der Sterngucker, wenn ihm zu heiß und er nicht schlafen kann? Er geht auf den Balkon und lässt sich die etwas kühlere Luft um die Nase wehen. Doch der Sternenhimmel, der sich da draußen zeigte, war viel zu schön, um nur vom Balkon aus zu schauen und der Mond ist auch schon untergegangen, da gibt’s dann kein Halten mehr. Also in einer ungeplanten Blitzaktion Palantir eingepackt, Kamera und Stativ dazu und los ging’s nach Emmenhausen. Bei lauen 17° und einer tollen Wintermilchstraße konnte das Spontanspechteln beginnen (auch wenn mangels Vorbereitung die Rotlichtlampe schwächelt :-).

Während der große Spiegel auskühlt, habe ich schnell die Kamera aufgestellt und den StarAdventurer aufgebaut – etwas schlampig zwar, aber für die Milchstraße hat es gereicht. 105 Einzelbilder und ein bisschen Photoshopmagie und fertig ist die Sommermilchstraße:

Sommermilchstraße in Richtung Sagittarius

So sieht übrigens ein unbearbeitetes Einzelbild der Aufnahmesession aus:

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Währen die Kamera fleißig am Photonensammeln war, ging es ans Beobachten. Die Objekte habe ich ziemlich ziellos aus dem neuen Deep Sky Atlas von Oculum ausgewählt, soweit unter dem schwachen Rotlicht etwas zu erkennen war. Einziges Kriterium war, es müssen bisher unbeobachtete Deep Sky Objekte sein.

Los ging  es mit NGC 6528 und NGC 6522, 2 Kugelsternhaufen im Sternbild Schütze. Sie liegen im sogenannten Baade’schen Fenster, einer Region mit wenig interstellarem Staub, so dass der Blick ins Zentrum der Galaxie möglich ist. Im Übersichtsokular geben die beiden ca. 16′ entfernt lliegenden Haufen einen sehr schönen Anblick ab: der größere NGC 6528 liegt in einer dichten Sternenwolke eingebettet, während der kleinere NGC 6522 am Rand einer Dunkelwolke liegt. Beide Haufen wurden am 17.6.1784 von Wilhelm Herschel am 18,7 Zoll-Teleskop entdeckt. NGC 6522 ist ca. 12 Mrd. Jahre als und somit einer der ältesten Sternhaufen unserer Milchstraße. Aufgrund der Horizontnähe lies sich keine allzu hohe Vergrößerung nutzen. So konnte ich NGC 6528 bei 129x weitestgehend auflösen, NGC 6522 blieb dagegen nebelhaft und nur am Rand waren einzelne Sterne zu unterscheiden. Die beiden Sternhaufen sind aber auf jeden Fall einen Besuch wert!

Nachdem die Sicht in Richtung Schütze doch stark durch Luftunruhe gestört wurde, erfolgte der Schwenk zum Schwan: Im rechten Flügel des Himmelvogels liegt der offene Sternhaufen NGC 6866, lt. DSA das Kite-Cluster. Im Netz wird aber NGC 1664 im Fuhrmann als Kite-Cluster bezeichnet – ein Fehler im DSA? Wie auch immer: bei 90x Vergrößerung zeigt sich ein auffällig heller Haufen in einem dichten Sternenfeld. Ein schöner Anblick! Sternhaufen hat übrigens ein Alter von ca. 800 Mio. Jahren und ist 3900 Lichtjahre von uns entfernt. Entdeck wurde er fast auf den Tag genau vor genau 273 Jahren (am 23. Juli 1783) von Caroline Herschel.

Ein weiterer ganz interessanter Sternhaufen im Schwan ist NGC 6811 – das Loch im Haufen. Den Namen hat der Sternhaufen durch seine auffällige Struktur: die hellen Sterne des Clusters gruppieren sich um ein leeres Feld in der Mitte. Der Sternhaufen hat einen Durchmesser von ca. 15 Lichtjahren und ist geschätzt 700 mio Jahre alt. Von uns ist er 4000 Lichtjahre entfernt.

Etwas bekannter dürfte das nächste Objekt sein, wenn ich es auch bisher sträflich vernachlässigt habe: NGC 6888 Der Crescent- oder Mondsichel-Nebel. Im Okular bei 90x und mit einem OIII-Filter zeigt sich zuerst der etwas hellere Rand der Blase, was dem Nebel seinen Namen gab. Bei längerer Betrachtung zeigten sich aber die komplette Blase, innen etwas blasser, der Rand etwas verstärkt. Indirekt meint man auch Strukturen erkennen zu können. Der Nebel ist ein Emmisionnebel vom Wolf-Rayet -Typ. Wolf-Rayet-Sterne sind massereiche, große Sterne, die im Laufe Ihrer Entwicklung ihre äußere Hülle ins All abgestoßen haben. Der übrig gebliebene Stern ist praktisch der aktive Kern des ursprünglichen Sterns. Die Hülle wird dabei von Sonnenwinden mit bis zu 4000 m/s nach außen getrieben. Der Wolf-Rayet-Stern WR136 im Zentrum des Crescent-Nebels regt diesen zum Leuchten an. Zum ersten Mal beobachtet wurde NGC 6888 am 15. Dezember 1792 von Wilhelm Herschel. Der Nebel durchmisst ca. 25 Lichtjahre und ist 4700 Lichtjahre entfernt. Er ist der hellste beobachtbare Wolf-Rayet-Nebel.

Es folgt das Sternbild Cassiopeia mit dem Pac-Man-Nebel NGC 281 (IC11) . Woher er seinen Namen hat wird bei 90x Vergrößerung und mit Hilfe des OIII-Filters sofort offensichtlich. Ein schöner Emmsionsnebel, in dem eingebettet der offene Sternhaufen IC 1590 liegt. Wie durch Infrarot-Beobachtungen bewiesen wurde, enthält dieser Nebel noch sog. Globulen, in denen sich neue Sterne bilden. Entdeckt wurde der Nebel von Edward Emerson Barnard am 16. November 1881. Der Pac-Man ist 9500 Lichtjahre entfernt.

Als Abschlussobjekt der Nacht, den gegen 2:00 Uhr wurde es im Nord-Osten schon deutlich dämmrig, wurde noch NGC 581, besser bekannt als M103 beobachtet. Der kleine dreiecksförmige offene Sternhaufen war das letzte von Messier selbst zu seinem Katalog hinzugefügte Objekt. Der Sternhaufen liegt ca. (wegen interstellarem Staub der Milchstraße ist das nur eine Schätzung)  8500 Llichtjahre entfernt und hätte somit einen Durchmesser von ca. 25 Lichtjahren. Entdeckt wurde der Haufen von Pierre Méchain 1781.

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